Adresse

Klosterweg 16, 7130 Ilanz
T +41 (0)81 926 95 00
info@klosterilanz.ch
www.klosterilanz.ch
Seite wählen

Der Paradiesesbaum

Und Gott der Herr liess aus dem Erd­bo­den aller­lei Bäu­me auf­s­pries­sen, lieb­lich zum Anschau­en und gut zur Nah­rung, den Lebens­baum mit­ten im Gar­ten und auch den Baum der Erkennt­nis von Gut und Böse.“ (Gen 2,9)

Am Anfang der Heils­ge­schich­te steht der Baum: grün, frisch, lebend, mit der köst­li­chen Frucht in der Mit­te. Und doch ist die­ser Baum nicht zur Nah­rung des Men­schen bestimmt, son­dern als Auf­for­de­rung zur gei­sti­gen Ent­schei­dung. Die grü­ne Fül­le lockt, die glut­ro­te Frucht betört. „Da sah die Frau, dass der Baum gut sei zum Essen und eine Lust zum Anschau­en und begeh­rens­wert, um wei­se zu wer­den. Sie nahm von sei­ner Frucht, ass und gab auch ihrem Man­ne neben ihr, und auch er ass.” (Gen 3,6)
Die Kri­sis ist nicht bestan­den, und sofort beginnt die Macht der Schlange. 

Aber gleich­zei­tig wird in die­sem Baum der Erkennt­nis, von dem die tod­brin­gen­de Schlan­ge glei­tet (in der Fen­ster­ord­nung bil­det der Schlan­gen­leib die Fort­set­zung des Baum­stam­mes), der ande­re Baum sicht­bar, der Baum der erfül­len­den Wirk­lich­keit, für den jener des Para­die­ses nur Typus war: das Kreuz.
Es ist von tröst­li­cher Bedeut­sam­keit, wenn die seit alters erkann­te Bezie­hung vom Baum des Para­die­ses zum Holz des Kreu­zes sicht­bar wird auf der gegen­über­lie­gen­den Kir­chen­wand: das Licht bricht sich im Glas und wirft Far­ben und Lini­en des Bau­mes in deut­li­cher Kreu­zes­form auf die Mau­er. Was die Prä­fa­ti­on der Pas­si­ons­zeit zu ver­kün­den hat, strahlt hier auf: „Du hast das Heil des Men­schen auf das Holz des Kreu­zes gegrün­det. Vom Baum des Para­die­ses kam der Tod, vom Baum des Kreu­zes erstand das Leben; der einst am Hol­ze gesiegt hat, wur­de auch am Hol­ze besiegt.” Der Baum des Para­die­ses wird in sei­nem Reflex zum Baum des Kreu­zes, und die­ser wie­der weist zurück auf den Ursprung, wie es eine Anti­phon der Matu­tin am Fest Kreuz­erhö­hung aus­drückt: „Das Kreuz ist der ver­eh­rungs­wür­di­ge Baum inmit­ten des Para­die­ses, an dem der Urhe­ber unse­res Hei­les in sei­nem eige­nen Tod den Tod aller besiegt hat.” Für den gefähr­de­ten Men­schen aber gilt nun: „Wer über­win­det, dem will ich zu essen geben vom Baum des Lebens, der Para­die­se Got­tes ist.” (Apk 2,7)
Der sün­di­ge Adam hat­te nicht über­wun­den und sich selbst zu essen gege­ben. Der erlö­ste Adam emp­fängt die hei­len­de Frucht vom Kreu­zes­bau­me: der Erlö­ser selbst, in der Eucha­ri­stie. So meint es wohl die Com­mu­nio am Fest Kreuz­auf­fin­dung: „Die Frucht des Bau­mes hat uns ver­führt, der Sohn Got­tes (das ist die Frucht des Kreu­zes­hol­zes) hat uns erlöst.” Die­sen Zusam­men­hang erah­nen wir in der Betrach­tung des Fen­sters mit der blut­ro­ten Frucht im Mit­tel­punkt und der Stro­phe aus dem Ves­per­hym­nus „Vexil­la regis”: „Baum in Schön­heit und Glanz, geschmückt mit dem Pur­pur des Königs.” Das erste Bild bereits trägt den Ansatz zu Leben, Tod und Erlö­sung in sich. Die Geschich­te des Heils hat begonnen.

Die Schlange

Die Schlan­ge aber war listi­ger als alle Tie­re des Fel­des, die Gott der Herr gebil­det hat­te.“ (Gen 3,1)

Gleich zu Beginn der Geschich­te der Mensch­heit, die nur Heils­ge­schich­te sein kann, schleicht sie sich ins Para­dies, ins Hei­le, um zu verderben.
Sofort kün­det sie ihre Prä­senz an, die fort­an unüber­seh­bar bleibt. Das Fen­ster ist eines der gröss­ten und ohne inne­re Nische: die Schlan­ge ist da, auf­dring­lich, vor­der­grün­dig, in den Kir­chen­raum hin­ein­ra­gend, ihre selbst hier noch bean­spruch­ten Rech­te demon­strie­rend. (Der Wider­schein legt sich oft bedroh­lich auf den Altar.) Die­se Schlan­ge des zwei­ten Fen­sters ist iden­tisch mit jener des ach­ten (Abstieg zur Höl­le). Es ist der glei­che dunk­le Schlan­gen­leib, im zwei­ten noch leben­dig gleis­send, obwohl schon zu Boden glei­tend, im ach­ten fast unbe­weg­lich, tief im Tode hau­send, bei­na­he ver­ges­sen und des­halb umso gefähr­li­cher. Tod und Schlan­ge sind in einem Bild aus­ge­drückt, denn mit der Schlan­ge tritt der Tod, der Feind des Lebens, erst­mals in die Welt. Adam emp­fängt den Todes­biss, der nun auf alle Men­schen über­geht (Röm 5,12), obwohl die Schlan­ge das Gegen­teil behaup­tet: „Kei­nes­wegs wer­det ihr ster­ben!“ (Gen 3,4)
Aber selbst die­se dun­kel­ste Stun­de der Mensch­heit (es ist das düster­ste, käl­te­ste Fen­ster der Kir­che) trägt die Ver­heis­sung zu neu­er Hoff­nung in sich: „Da sprach Gott der Herr zur Schlan­ge: ‚Weil du dies getan hast, sei ver­flucht… Feind­schaft will ich stif­ten zwi­schen dir und der Frau, zwi­schen dei­nem Samen und ihrem Samen; er wird dir den Kopf zer­tre­ten, und du wirst nach sei­ner Fer­se schnap­pen’.“ (Gen 3,14f) Das Fen­ster des Abstiegs zur Höl­le wird den letz­ten Satz getreu­lich zum Aus­druck brin­gen: Jesu Fuss mit der Todes­wun­de auf dem Schlangenleib.

Der Regenbogen

Gott sprach: „Dies ist das Zei­chen des Bun­des, den ich zwi­schen mir und euch stif­te und zwi­schen jeg­li­chem Lebe­we­sen bei euch auf ewi­ge Zeiten.
Wenn der Bogen in den Wol­ken steht, dann wer­de ich ihn anse­hen, um des ewi­gen Bun­des zu geden­ken, der zwi­schen mir und allem Fleisch besteht, das auf Erden ist.“ Gen 9,12.16

Nach der Sint­flut, die der Todes­biss der Schlan­ge nach sich gezo­gen hat, zeigt sich Gott wie­der in Huld allem Fleisch. Auch die­ses letz­te Fen­ster mit einem alt­te­sta­ment­li­chen Heils­er­eig­nis weist über sich hin­aus in den Neu­en Bund. Der Bogen, das Zei­chen des Bun­des, leuch­tet auf als Ver­heis­sung. Schon hier ereig­net sich Epi­pha­nia Domi­ni: die Herr­lich­keit des Herrn erscheint. Und sie erscheint in der Fül­le, die Regen­bo­gen­far­ben ent­hal­ten das gan­ze Licht, nur gebro­chen, um es uns, dem Flei­sche, fass­bar zu machen. Vor die­ser Bunt­heit kann der Mensch nur stau­nend beten: „Wie schön sind dei­ne Strah­len!“ (Ich steh an dei­ner Krip­pe hier / Paul Ger­hard) So kann in die­sem Fen­ster auch das neu­te­sta­ment­li­che, das weih­nacht­li­che Ereig­nis der Erschei­nung des Herrn mit­ge­se­hen werden.
Das Fen­ster steht im Osten; „im Auf­gang“ erstrahlt die Herr­lich­keit, wie es die Lit­ur­gie an Epi­pha­nie immer wie­der­holt, und sie wird nicht nur in der Fen­ster­schei­be in ihre bun­te Pracht gebro­chen, son­dern sie greift in den­sel­ben Far­ben über auf die gan­ze Kir­chen­decke, in deren Mit­te still der Stern leuch­tet. Die­se Zusam­men­hän­ge wer­den voll­ends deut­lich, wenn am Fest der Erschei­nung des Herrn die Son­ne wäh­rend des Got­tes­dien­stes durch die­ses Fen­ster bricht, um das Psalm­wort wahr­zu­ma­chen: „in dei­nem Lich­te schau­en wir das Licht“ Ps 36,10, d.h. nur im Him­mels­licht erstrahlt die Far­ben­pracht des Fen­sters, oder: nur im Licht­glanz der Prä­senz des erschei­nen­den Got­tes erken­nen wir sol­che Herrlichkeit.
Auch Lage und Form des Fen­sters mei­nen Epi­pha­nie: Es ist ganz oben an der Decke und weist eine sich breit öff­nen­de Nische auf. Die Herr­lich­keit Got­tes brei­tet sich aus und senkt sich auf unse­re Nied­rig­keit, was sowohl auf den Bogen nach der Sint­flut wie auf die Mensch­wer­dung ver­weist: „Alle Enden der Erde wer­den schau­en Got­tes Heil.“ (Weih­nachts­an­ti­phon) Der Bogen des Hei­les reicht vom alten zum neu­en Bund, von Aeon zu Aeon. In der Freu­de an der Schön­heit die­ses bun­ten Lich­tes beten wir, dass der Herr uns zum unver­hüll­ten Glanz sei­ner Herr­lich­keit führe
(Ora­ti­on an Epiphanie)

Die Menschwerdung

Die Erschei­nung der Herr­lich­keit Got­tes in der Zeit jedoch geschah in der Ver­bor­gen­heit. Gott kommt in gros­ser Ein­fach­heit, um der Emma­nu­el, der Gott-mit-uns zu sein. Er kommt in lieb­li­cher Gestalt: als Kind. In der ersten Lesung der Weih­nachts­ma­tu­tin (ls 9,6) heisst es sogar: „par­vu­lus enim natus est – ein klei­nes Kind ist uns geboren.“

Wie jedes Kind zur Welt kommt, so will auch der Sohn Got­tes Mensch wer­den. Das drit­te Respon­so­ri­um führt den Gedan­ken aus: „Vom Him­mel stieg der wah­re Gott, vom Vater gezeugt, ging in den Schoss der Jung­frau ein, damit er uns sicht­bar erschei­nen kön­ne, beklei­det mit dem mensch­li­chen Fleisch.“ (Domi­ni­ka­ni­sche Liturgie)
Wie viel Ent­äus­se­rung, ja Hilf­lo­sig­keit liegt nicht in die­ser Ankunft! Es ist Got­tes Sohn radi­kal ernst mit sei­ner Ernied­ri­gung: den Kopf senk­recht unter den Füs­sen, so kommt er in die Welt. Obwohl bei der Mensch­wer­dung auch die Herr­lich­keit Got­tes einen Augen­blick lang sicht­bar wird, so spricht doch der Engel sogleich das „Fürch­tet euch nicht“. (Lk 2,9 f) Denn in sei­ner Geburt ist Gott uns gleich gewor­den, wie die Sequenz das aus­drückt: „Cedrus alta Liba­ni con­for­ma­tur hys­so­po, val­le nost­ra – Die hohe Liba­non­ze­der hat sich dem Ysop unse­res Tales ange­gli­chen.“ (Domi­ni­ka­ni­sche Liturgie)
Wir sol­len also ohne Furcht zu ihm gehen, ihn sogar umfan­gen, emp­fan­gen. Das Bild deu­tet in der umge­ben­den Run­dung zugleich den ber­gen­den Mut­ter­schoss wie die Gestalt der Hostie an. Gott lie­fert sich bis ins Letz­te uns Men­schen aus: in der Eucha­ri­stie ist er allen zur Ver­fü­gung. Die Geburt Chri­sti aus dem Schoss der Jung­frau weist aber stets wei­ter auf die Geburt Got­tes in unse­rem eige­nen Her­zen. Das Heils­er­eig­nis der Mensch­wer­dung kann uns ohne die­se Geburt nicht zum Hei­le werden.
Das meint Ange­lus Sile­si­us in sei­nem bekann­ten Sinn­spruch: „Wird Chri­stus tau­send­mal zu Beth­le­hem gebo­ren und nicht in dir, du bleibst noch ewig­lich ver­lo­ren“, und das­sel­be Ereig­nis hat schon vor­her Mei­ster Eck­hart oft beschrie­ben, wenn er davon spricht, dass der Vater sei­nen ein­ge­bo­re­nen Sohn in unse­re See­le gebä­re, durch wel­che Geburt die See­le wie­der in Gott gebo­ren wer­de. Die­ses Ereig­nis voll­zieht sich aber nur in der Tie­fe unse­res Her­zens, in unse­rem Seelengrund.

Die Fusswaschung

Mit der Mensch­wer­dung hat die Ernied­ri­gung des Herrn begon­nen. Von jetzt an muss er, im Gehor­sam gegen den Vater, unten durch.
Die fol­gen­den Fen­ster ver­lei­hen in ihrer Anord­nung die­sem Abstieg sinn­vol­len Aus­druck, indem sie am untern Ran­de der Mau­er verlaufen.
In der Fuss­wa­schung (Jo 13) ver­de­mü­tigt sich der Herr in einem äus­sern, sehr spre­chen­den Tun.

Doch was die Sin­ne erfas­sen: die hel­fen­de, die­nen­de, demü­ti­ge Gebär­de der Hän­de am Fuss des Jün­gers, über­steigt unser Begreifen.
Dar­um die Fra­ge: „Ver­steht ihr, was ich euch getan habe?“ Wir müs­sen lang­sam ler­nen, dass demü­ti­ger Dienst am Mit­men­schen von den Knech­ten des Mei­ster gefor­dert wird, selbst wenn dabei, wie hier, die eige­nen Hän­de unter die Füs­se des andern zu lie­gen kom­men. Die Sze­ne der Fuss­wa­schung ist nur ein Aus­schnitt aus dem Gesche­hen des Abends, „da Jesus wuss­te, dass sei­ne Stun­de gekom­men sei“ und da er den Sei­ni­gen in der Welt „sei­ne Lie­be bis zum Ende“ erwies. In der­sel­ben Stun­de schenkt er ihnen sei­nen Leib in der Eucha­ri­stie und erklärt er sie zu sei­nen Freun­den. Das „lei­ne­ne Tuch“ am Arm des Herrn deu­tet hier in sei­ner lit­ur­gi­schen Far­be auf den Dienst des Priesters.
Prie­ster­dienst hat er gelei­stet, und wer Gemein­schaft mit ihm haben will, muss an all dem teil­neh­men, was des Herrn ist, auch an sei­ner bedin­gungs­lo­sen Erniedrigung.

Die Geisselung

Wir sahen ihn, und es war kein Anblick, so dass wir Wohl­ge­fal­len an ihm fän­den, dem Ver­ach­te­ten und Min­de­sten, dem Mann der Schmer­zen.“ ls 53,2 f

Was der Evan­ge­list in der Lei­dens­ge­schich­te Jesu mit einem knap­pen Satz – „nach­dem er ihn hat­te geis­seln las­sen“ Mk 15,15 – mel­det, wird bei Isai­as nach­drück­lich geschil­dert. Nichts wird uns, den Betrach­ten­den, erspart. Sein Fleisch ist eine ein­zi­ge Wun­de. Der Herr hat sich im Gehor­sam den Scher­gen aus­ge­lie­fert. Er hält hin, und er hält aus. „Mei­nen Leib gab ich den Schla­gen­den hin.“ ls 50,6 Es ist sein Fleisch, mensch­li­ches Fleisch, das er um unse­ret­wil­len ange­nom­men hat, und wie grau­sam wirk­lich die Erfah­rung die­ser Schmer­zen sein muss, zeigt die unbarm­her­zi­ge Rea­li­stik, mit der das Son­nen­licht das ursprüng­li­che Weiss des Kör­pers auf die Mau­er malt: es leuch­tet näm­lich in gera­de­zu natu­ra­li­stisch brau­ner Lei­bes­far­be auf, um ja kei­nen Zwei­fel an der Echt­heit die­ses Lei­dens auf­kom­men zu lassen.
Und das Wesent­lich­ste: sein Rücken ist unse­ret­we­gen gebeugt, für uns ist er zer­malmt, die Wucht unse­rer Sün­den lastet auf ihm. Ver­glei­che ls 64,7; 1 Kor 15,3. „Wahr­lich, er hat unse­re Lei­den getra­gen, und unse­re Schmer­zen hat er auf sich genom­men. Und wir hiel­ten ihn für einen Aus­sät­zi­gen, einen von Gott Geschla­ge­nen und Gebeug­ten. Er aber ist ver­wun­det wor­den um unse­rer Fre­vel wil­len, zer­schla­gen um unse­rer Mis­se­ta­ten wil­len, die Züchund durch sei­ne Wun­den sind wir geheilt wor­den.“ ls 53,4 f
Ob wir nun im Got­tes­dienst sin­gend beten: „Herz­lieb­ster Jesus, was hast du ver­bro­chen?“ oder „Seht, das Lamm Got­tes, das die Sün­den der Welt trägt“, immer wird uns bewusst sein, dass nur die mass­lo­se Lie­be und der Gehor­sam den Herrn dazu bewe­gen, für sei­ne Freun­de und Knech­te sol­ches auszuhalten.

Die Kreuzigung

Und dort kreu­zig­ten sie ihn und zwei ande­re mit ihm.“ Jo 19,18

Nun ist die Aus­lie­fe­rung end­gül­tig: mit Nägeln ist er ans Holz gehef­tet, allen preis­ge­ge­ben, wehr­los. Aber die­se Aus­lie­fe­rung geschieht nicht ins Lee­re. Abge­se­hen davon, dass er sich ja dem Vater über­ant­wor­tet hat, gibt er sich dem Men­schen hin, dem Näch­sten, dem Mit­ge­kreu­zig­ten. Umge­kehrt stos­sen wir in unse­rem Aus­ge­lie­fert­sein, in unse­rer äus­ser­ten Not auf die Not Jesu. Die ver­wun­de­ten Glie­der berüh­ren sich fast. Aber dabei tra­gen wir selbst auch das Wund­mal ver­gos­se­nen Blu­tes; aus­hal­ten wie der Herr müs­sen wir unsern Schmerz und still­hal­ten in Geduld wie er. Hier wird wahr, was wir in der Lit­ur­gie beten: „Mit Chri­stus bin ich ans Kreuz gehef­tet.“ Gal 2,19
In sol­cher Situa­ti­on fällt alles ab, alles Rühm­li­che und Selbst­er­run­ge­ne: „Von mir aber sei es fer­ne, mich zu rüh­men, als nur des Kreu­zes unse­res Herrn Jesus Chri­stus, durch das mir die Welt gekreu­zigt ist und ich der Welt.“ Gal 6,14
Die Wund­ma­le aber blei­ben. Sie gehö­ren fort­an zum ver­herr­lich­ten Herrn und damit auch zum Men­schen (als Mit­er­ben Chri­sti) schlechthin.
Der Biss der Schlan­ge ist gesche­hen, aber die Wun­de wir über den Tod hin­weg­ge­ho­ben und wirkt nicht mehr tödlich.
Das zei­gen die bei­den fol­gen­den Fen­ster. Voll Zuver­sicht hören wir in der Oster­nacht die Wor­te: „Durch dei­ne hei­li­gen Wun­den, leuch­tend in Herr­lich­keit, behü­te und bewah­re uns, Chri­stus der Herr“, und wir wis­sen uns der Teil­ha­be ver­si­chert, da wir selbst ver­wun­det sind.

Der Abstieg

Daher heisst es: ‚Er ist in die Höhe hin­auf­ge­stie­gen und hat Gefan­ge­ne weg­ge­führt, er hat den Men­schen Gaben gegeben’.
Das Wort aber: ‚Er ist auf­ge­stie­gen’, was bedeu­tet es and­res, als dass er auch hin­ab­ge­stie­gen ist in die Gebie­te unter der Erde?
Er ist es, der hin­ab­ge­stie­gen und über alle Him­mel hin­auf­ge­stie­gen ist, um alles mit sei­ner Gegen­wart zu erfül­len.“ Eph 4,8 – 10

Die­ses Wort aus der Schrift mit dem Satz aus dem apo­sto­li­schen Glau­bens­be­kennt­nis „Abge­stie­gen zu der Höl­le“ geben den Hin­ter­grund zum Gescheh­nis in die­sem Fen­ster. Dass Chri­stus ins Reich der Schlan­ge kommt, setzt sei­nen Tod vor­aus. Der Herr ist tot. Aber er bleibt nicht im Toten­reich, und das wird deut­lich im Bild. Der Fuss Chri­sti steht auf der Schlan­ge: obwohl vom Tode über­wäl­tigt, bleibt er frei unter den Toten und über­win­det den Tod in sei­nem eige­nen Tod. Pau­lus ruft aus: „Der Tod ist ver­schlun­gen in Sieg. Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Sta­chel?“ 1 Kor 15,54 f
Und was für uns, die wir den Todes­biss der Schlan­ge auch emp­fan­gen haben, von gros­sem Trost, ja die ein­zi­ge Hoff­nung ist: er, der Herr, ist mit uns in unse­rem Ster­ben und Tod, für uns hat er die­se letz­te, schwär­ze­ste Nacht ver­ko­stet. Des­halb kön­nen wir im Glau­ben sin­gen: „Wann ich ein­mal soll schei­den, so schei­de nicht von mir wann ich den Tod soll lei­den, so tritt du dann her­für. Wann mir am aller­bäng­sten hier um das Herz wird sein, so reiss mich aus den Äng­sten kraft dei­ner Angst und Pein!“ (O Haupt voll Blut und Wun­den / P. Gerhard)
Er reicht uns die Hand (die­se offe­ne, freund­li­che Gebär­de sehen wir auch bei der Fuss­wa­schung und bei der Kreu­zi­gung) und führt uns hin­aus aus dem Abgrund des Grau­ens. Die Post­com­mu­nio, des Festes Kreuz­auf­fin­dung hat tief­sin­ni­ge Wor­te für die­se Hei­lung: „Dass du von jenen, die du durch das mil­de Blut dei­nes Soh­nes erkauft hast, das schwar­ze Gift der alten Schlan­ge abwen­dest und, durch den hei­li­gen Geist, den Trank des Hei­les über sie ergies­sest.“ Im Blut des Herrn emp­fan­gen wir das Gegen­gift zum Gift der Schlan­ge. So tief muss­te der Herr in sei­ner Ernied­ri­gung für uns gehen, um uns dar­in unse­re Erhö­hung zu schenken.

Die Himmelfahrt

Er ernied­rig­te sich selbst und wur­de gehor­sam bis zum Tode, ja, bis zum Tode am Kreuz. Daher hat ihn auch Gott über die Mas­sen erhöht und ihm den Namen geschenkt, der über jedem Namen ist, damit in dem Namen Jesu sich beu­ge jenes Knie derer, die im Him­mel und auf Erden und unter der Erde sind, und jede Zun­ge bekennt, dass Jesus Chri­stus der Herr ist, zur Ehre Got­tes, des Vaters.“ Phil 2,8 – 11

Die Ernied­ri­gung muss­te der Erhö­hung, die Selbst­en­t­äus­se­rung bis in den Tod der Auf­nah­me in Herr­lich­keit vor­aus­ge­hen. Das ist der Weg des Soh­nes Got­tes, und das muss auch der Weg eines jeden sein, der in der Nach­fol­ge Chri­sti steht. Die Anord­nung der Fen­ster zeigt den Sprung aus der Tie­fe deut­lich auf: wäh­rend der Höl­len­gang wie die andern Bil­der der Pas­si­on am untern Mau­er­rand liegt, strahlt die erho­be­ne Herr­lich­keit Chri­sti von ganz oben. Man wird an Ps 8, bzw. an Hebr 2,5 – 10 erin­nert: „Den, der eine kur­ze Zeit unter die Engel ernied­rigt wor­den war, Jesus, sehen wir um sei­nes Todes­lei­dens wil­len mit Herr­lich­keit und Ehre gekrönt.“ So beinhal­tet die­ses Bild zugleich Auf­er­ste­hung und Him­mels­fahrt Jesu. Er ist die Voll­endung der Pas­si­on, ja der gan­zen Mensch­wer­dung. „Ich bin auf­er­stan­den und bin noch bei dir.“ (Intro­itus an Ostern) „Der Herr stieg zur Höhe und führ­te die Gefan­ge­nen mit sich.“ (Alle­lu­ja­vers am Himmelfahrtstag)
Ps 18 wird einem begreif­lich, der im Hym­nus der Weih­nachts­ves­per ganz auf Chri­stus gedeu­tet wird: „Vom Vater aus­ge­gan­gen, zum Vater zurück­ge­kehrt, aus­ge­schrit­ten zur Höl­le, heim­ge­kom­men zum Thro­ne Got­tes“ (Domi­ni­ka­ni­sche Lit­ur­gie) und dies im Bild der Son­ne, die „wie ein Bräu­ti­gam aus ihrer Kam­mer her­vor­geht, freu­dig wie ein Held ihre Bahn läuft.“ „In Herr­lich­keit“ wird der Herr erho­ben. Es ist dies die letz­te Epi­pha­nie des Soh­nes Got­tes vor sei­ner Wie­der­kunft. So wird hier noch­mals der Bogen sicht­bar wie am Fest der Erschei­nung, und wie jenes Fen­ster strahlt auch die­ses den Glanz der Far­ben von oben aus.
Waren die Kreu­zi­gung und die Höl­len­fahrt vor­wie­gend in Dun­kel gehal­ten, so schim­mern hier Gelb, Rot, Grün in licht­vol­ler Herr­lich­keit. Die Fen­ster der Epi­pha­nie und der Him­mel­fahrt ste­hen sich im Kir­chen­raum gegen­über, und so brei­tet sich der Reflex des Regen­bo­gens auf der Mau­er oft genau unter der Him­mel­fahrt aus. Wenn gar am Him­mel­fahrts­ta­ge beim fei­er­li­chen Got­tes­dienst die gan­ze inten­si­ve Far­ben­pracht der öst­li­chen Wand in die Kir­che strömt, dann begrei­fen wir den immer wie­der­keh­ren­den Aus­druck in den Tex­ten des Festes: „die gan­ze Herrlichkeit“,
eben­so aber auch die Com­mu­nio, die den Kreis von Bogen zu Bogen schliesst: „Singt dem Herrn, der auf­stieg zum Auf­gang – ad orientem.“
Uns aber, den Kin­dern die­ser Erde, deren Blicken er ent­schwin­det (ApG 1,9), bleibt die tröst­li­che Zuver­sicht, dass die Füs­se des Herrn wirk­lich unse­re Erde berührt haben (und wie oft, gegen Abend, bedeckt der Wider­schein den Kir­chen­bo­den mit bun­ten Tup­fen), ja noch mehr: dass die Wund­ma­le mit­ge­nom­men sind als unver­lier­ba­res Ange­bin­de der Mensch­heit, die nun in der Herr­lich­keit ist.

Pfingsten

Und plötz­lich ent­stand vom Him­mel her ein Brau­sen, wie wenn ein gewal­ti­ger Wind daher fährt, und erfüll­te das gan­ze Haus, wor­in sie sas­sen. Und es erschie­nen Ihnen Zun­gen, die sich zer­teil­ten, wie von Feu­er, und es setz­te sich auf jeden unter ihnen. Und wie wur­den alle mit dem hei­li­gen Geist erfüllt und fin­gen an, in andern Zun­gen zu reden, wie der Geist ihnen aus­zu­spre­chen gab.“ Apg 2,2 – 4

Der Pfingst­be­richt, der Abschluss und die Besie­ge­lung der Offen­ba­rung im Flei­sche, erschliesst zugleich eine neue Prä­senz, die des Gei­stes. Von nun an wer­den wir auf den Unsicht­ba­ren ver­wie­sen, „den Geist der Wahr­heit, den die Welt nicht emp­fan­gen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht erkennt“. Jo 14,17
Für die Glau­ben­den aber kommt er noch ein­mal in sicht­ba­rer Gestalt: im Feu­er. Feu­er ist for­dern­des Ele­ment, es reisst an sich und zehrt auf. Wer in sei­nen Bereich kommt, wird ent­zün­det. Bis ins Inner­ste wird er erfüllt von die­ser gewal­ti­gen Kraft, wie die Sequenz es in reich­ster Fül­le aus­ge­stal­tet und wie der Alle­lu­ja­vers mit beschwö­ren­der Innig­keit fleht, in dem in Text und Melo­die unver­gleich­li­chen „et tui amo­ris in eis ignem accen­de – und ent­zün­de in ihnen das Feu­er dei­ner Liebe“.
In sie­ben Zun­gen, d.h. in sei­nen sie­ben Gaben, kommt der hei­li­ge Geist im Bild auf uns zu, und im Spra­chen­wun­der will er auch unse­re Zun­ge das wah­re, das geist­li­che Reden leh­ren. Er ist ja der vom Herrn gesand­te Leh­rer. Jo 14,26
Aber er ist auch der Bei­stand und der Trö­ster, er ist die Gabe Got­tes, er ist küh­len­de Sal­bung, leben­di­ger Quell, Feu­er und Lie­be. (Hym­nus „Veni Crea­tor“) So viel­fäl­tig wie sei­ne Gabe ist sei­ne Gestalt.
Hier sind es die Flam­men­zun­gen. Sie ergies­sen das Licht über uns, das wir in der Sequenz voll Sehn­sucht erbit­ten: „Veni Sanc­te Spi­ri­tus, et emit­te cae­litus lucis tuae radi­um – Komm hei­li­ger Geist und sen­de den Strahl dei­nes Lich­tes vom Him­mel“ und „O lux bea­tis­si­ma rep­le cor­dis inti­ma tuo­rum fide­li­um” O seli­ges Licht, erfül­le das Inner­ste der Her­zen dei­ner Gläubigen“.
Die­ses Licht liegt über der Geist­sen­dung aus­ge­brei­tet, es ist die Herr­lich­keit des Vaters und des Soh­nes, wie eine Com­mu­nio es auf­greift. „Der Geist, der vom Vater aus­geht, er wird mich ver­herr­li­chen.“ (Pfings­diens­tag)
Im Glau­ben an sei­ne Ver­heis­sung erhof­fen wir die­se macht­vol­le Gegen­wart des gött­li­chen Feu­ers für die gan­ze Welt, in der wir leben, heisst es doch: „Der Geist des Herrn erfüllt den Erd­kreis.“ (Intro­itus von Pfingsten)

Der Lebensstrom

Und er zeig­te mir einen Strom des Was­sers des Lebens, klar wie Kri­stall, der vom Thro­ne Got­tes und des Lam­mes aus­ging. Inmit­ten ihrer Stras­se und auf bei­den Sei­ten des Stro­mes stan­den Bäu­me des Lebens, die zwölf Früch­te tra­gen, indem sie jeden Monat ihre Frucht brin­gen; und die Blät­ter der Bäu­me die­nen zur Hei­lung der Völ­ker.“ Apk 22,1 f

Vom Baum des Lebens ist wie­der die Rede. (Ver­glei­che erstes Fen­ster.) Es ist aber aus dem einen Baum eine Viel­heit von Bäu­men gewor­den, deut­lich sicht­bar im Bild der Ent­fal­tung der Frucht­bar­keit aus einem Stamm. Zwölf Früch­te rei­fen je zu ihrer Zeit (das zei­gen die ver­schie­den getön­ten Far­ben), und schon ver­heisst die sechs­fa­che Blü­te neue Frucht. Das Vor­bild die­ser Stel­le der Apo­ka­lyp­se, Ez 47,12, schim­mert im Bild auf: „Ihre Frucht­bar­keit erschöpft sich nicht. In dem bestimm­ten Monat tra­gen sie früh­zei­tig Frucht.“
Es ist dies ein neu­es Bild vom Para­dies: die Blü­ten sind ent­fal­tet, die Frucht zum Essen bereit, im Gegen­satz zum ersten Baum, des­sen Frucht ver­schlos­sen im Innern liegt. Denn es heisst: „Zur Nah­rung die­nen ihre Früch­te und ihre Blät­ter zur Arz­nei.“ Ez 47,12 Zugleich ist in die­ser Frucht­bar­keit aber auch der auf Gott ver­trau­en­de Mensch selbst gemeint: „Er gleicht dem Baum, ver­pflanzt ans Was­ser, unauf­hör­lich trägt er Früch­te.“ Jer 17,8
All­mäh­lich begrei­fen wir, dass der Strom der Aus­schlag­ge­ben­de ist, der Was­ser­bach, die Quel­le. Von hier strömt das Leben. Und die Schrift­stel­le aus dem Neu­en Bund lässt nicht die Fra­ge offen, woher das Was­ser stam­me. „Vom Thro­ne Got­tes und des Lam­mes.“ Wir aber, die Betrach­ter des Wor­tes und des Bil­des, ste­hen zwi­schen Him­mel­fahrt und Wie­der­kunft des Herrn. Schon sind wir Erlö­ste, Frucht tra­gend, Heil verschenkend
(Blät­ter) und doch noch nicht in der Schau.
Noch steht das Bild für die Wirk­lich­keit, das Zei­chen für die unver­hüll­te Schön­heit (ver­glei­che Epi­pha­nie), ein fas mysti­sches Sym­bol. Wir haben noch nicht die Augen, den Thron Got­tes und das Lamm zu sehen. Aber wir kosten das Was­ser, das von ihm aus­geht. Im Lam­me wer­den wir zurück­ge­nom­men auf Ostern, wo wir im Tauf­was­ser zum Leben erstan­den. „Das Lebens­ge­setz der Kir­che ist die mysti­sche Fort­set­zung des Lebens Jesu, des Gei­stes­le­bens, das aus dem Tod hervorging.
Und wie Jesus durch sei­nen ver­herr­li­chen­den Kreu­zes­tod als geist­spen­den­der Mes­si­as offen­bar wur­de, wie er als Erhöh­ter in der Kraft sei­nes Todes das leben­di­ge Was­ser des Gei­stes aus­giesst über alles Fleisch: so ist nun auch die Kir­che in der Kraft ihres immer­wäh­ren­den Mit­ster­bens mit Chri­stus geist­ver­mit­telnd, sie ist die gros­se ‚Was­ser­spen­de­rin’ der Welt, die Mut­ter allen Lebens. (Hugo Rah­ner, Sym­bo­le der Kir­che, 140)
Wo aber Gott und das Lamm sind, wo das Was­ser des Lebens ver­strömt wird, da ist auch der Geist, der Pfingstgeist.
Er kommt nicht nur im bren­nen­den Feu­er, son­dern auch im küh­len­den Was­ser (in aestu tem­pe­ries). Die Strö­me des leben­di­gen Was­sers flies­sen aus jenen, die den hei­li­gen Geist emp­fan­gen haben. Jo 7,38 f Und die Frucht­bar­keit aus dem Was­ser schliess­lich ist dem Geist zu verdanken.
So ist das gei­sti­ge Bild unse­res erlö­sten Lebens trotz des deut­li­chen Anklan­ges an jenes vom Para­dies nicht ein­fach Rück­kehr zum Ursprung.
Aber eben­so wenig bezeich­net es ein Ende im Sin­ne einer pas­si­ven Ruhe. Das Leben strömt viel­mehr in ewi­ger Bewe­gung, gezeugt und getra­gen vom
ewig leben­di­gen drei­fal­ti­gen Gott.

Die Vollendung

Der Vogel, der dem Feu­er ent­rinnt – wie­der ist er nur Sym­bol des ent­schei­den­den Gesche­hens in der letz­ten Läu­te­rung und Befrei­ung der mensch­li­chen See­le. Wer ver­möch­te es zu beschrei­ben, wer es dar­zu­stel­len, es wäre denn im Bild? Das Psalm­wort bie­tet Hand­ha­be: „Denn du hast uns geprüft, o Gott, hast uns geläu­tert, wie man Sil­ber läu­tert. Du hast uns ins Netz gera­ten las­sen, hast drücken­de Last auf unse­re Hüf­ten gelegt;
du hast Men­schen über unser Haupt dahin­fah­ren las­sen. Wir sind durch Feu­er und Was­ser gegan­gen, aber du hast uns her­aus­ge­führt ins Weite.“
Ps 65,10 ff

Isra­el singt es, im Rück­blick auf den Durch­gang durch das Rote Meer und die Flucht vor den Ver­fol­gern. Gleich­zei­tig wer­den wir an Ps 124 gemahnt, wo von der Gefahr wil­den Was­sers die Rede ist und wo es dann wie in einem Auf­at­men heisst: „Unse­re See­le ist wie ein Vogel,
der dem Net­ze der Vogel­stel­ler ent­ron­nen; das Netz ist zer­ris­sen, und wir sind frei.“
Durch Feu­er und Was­ser ging der Weg: an Pfing­sten und Oster­tau­fe wird erin­nert. Die Zusam­men­hän­ge sind sicht­bar auch im rosa Hauch, der hin­ter den drei letz­ten Fen­stern liegt wie ein geahn­ter Glanz des Kom­men­den. (Im Wider­schein schim­mert die­ser war­me Hauch oft an der Ste­le mit dem Taber­na­kel: dort, wo wir „das Unter­pfand der künf­ti­gen Herr­lich­keit“ [Tho­mas von Aquin] haben, gegen den kal­ten Todes­hauch der Schlan­ge, ver­glei­che zwei­tes Fenster.)
Die Fes­seln des Net­zes, d.i. des Todes, sind zer­ris­sen; wir beten ja in den Kar­ta­gen zum Herrn: „Du woll­test vom Tod gefes­selt wer­den, um uns von den Fes­seln des Todes zu befrei­en.“ (Domi­ni­ka­ni­sche Lit­ur­gie) Durch die Erlö­sung gelan­gen wir (man kann selbst die erlö­ste Krea­tur mit ein­be­zie­hen, ver­glei­che Röm 8,22 f) in eine völ­lig neue Welt. Der Raum wird gesprengt „ins Wei­te“, es ist kein Von-vor­ne-begin­nen in die­sem letz­ten Bild des Zyklus.
Der Kopf des Vogels ist unsicht­bar: sein Gesicht schaut für uns Unsicht­ba­res: die Herr­lich­keit des ewi­gen Got­tes. 2 Kor 4,18 Denn: „Kein Auge hat es gese­hen.“ 1 Kor 2,9