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Mascarella Table

Zunächst zum Bild selbst:

Vor jedem Bru­der befin­den sich Krug, Scha­le und Brot. Jeder Bru­der hat sei­ne rech­te Hand auf den Tisch gelegt. Fer­ner erkennt man, immer im glei­chen Abstand, ein Buch. Es wird die Bibel sein, das Wort Got­tes. Es han­delt sich kaum um ein ganz gewöhn­li­ches brü­der­li­ches Mahl, wo jedem das Glei­che zuge­teilt wird, son­dern wir als Betrach­te­rin­nen erkann­ten dar­in die gemein­sa­me Eucha­ri­stie­fei­er.
Das Mahl scheint eine Ver­samm­lung von Prie­ster­brü­dern dar­zu­stel­len. Wenn ja, dann feh­len die Lai­en­brü­der, die für die täg­lich anfal­len­den Arbei­ten zustän­dig waren. Aber auch die Schwe­stern feh­len, obwohl es zu die­ser Zeit schon eine Rei­he von Domi­ni­ka­ne­rin­nen­klö­stern gab.

Hat Domi­ni­kus die Brü­der um sich gesam­melt, um sie, gestärkt durch die­ses Mahl, zur Ver­kün­di­gung der Fro­hen Bot­schaft, zur Pre­digt, aus­zu­sen­den? Paar­wei­se sind sie um den Tisch grup­piert. Kei­ne Hier­ar­chie. Paar­wei­se sol­len sie sich auf den Weg machen – nach dem Vor­bild Jesu, der die Zwölf zu zweit unter die Leu­te schick­te (Mk 6,7). Sie sol­len nicht als Ein­zel­kämp­fer unter­wegs sein, son­dern im Dia­log unter­ein­an­der und mit den Men­schen, auf die sie tref­fen wer­den.
Das alles hat für unse­re Gemein­schaf­ten im Heu­te nichts an Bedeu­tung verloren.

Dominikus als Tischgenosse der Schwestern

An die 40 Brü­der hat der Maler des 13. Jahr­hun­derts um die­sen Tisch ver­sam­melt. Oben in der Mit­te der hei­li­ge Dominikus.

Da es wegen Covid-19 nicht mög­lich war, uns in grös­se­ren Grup­pen gemein­sam über die­ses Bild aus­zu­tau­schen, setz­te sich jede Schwe­ster in Stil­le mit der Dar­stel­lung aus­ein­an­der und notier­te sich ein paar Gedan­ken. Die Zet­tel wur­den ein­ge­sam­melt, die Noti­zen the­ma­tisch geord­net und allen zugäng­lich gemacht.
Welch eine Fül­le an Gedan­ken sind da zusam­men­ge­tra­gen worden!

 

Doch jetzt kom­men die Fragen:

Kann ich mich hier an die­sem Tisch wie­der­fin­den? Als Schwe­ster im Orden und als Frau des 21. Jahr­hun­derts?
Der Maler hat sei­ne Wahr­neh­mung als Mensch des 13. Jahr­hun­derts wie­der­ge­ge­ben. Wie wür­de er heu­te malen? Mit Blick auf die heu­ti­ge Kir­che, auf die heu­ti­ge Gesell­schaft, aber auch mit Blick auf die Schwe­stern des Ordens, der sich Pre­di­ger­or­den nennt?
Wir haben als Frau­en in unse­rer Gesell­schaft einen ande­ren Stand als die Frau­en des 13. Jahr­hun­derts zu ihrer Zeit. Am Tisch des Domi­ni­kus jedoch wür­den wir so unsicht­bar blei­ben wie die Schwe­stern vor 800 Jah­ren. Vie­le Brü­der des Ordens sähen uns ger­ne so, dass auch wir gemein­sam mit ihnen – wie im Bild – die rech­te Hand auf den Tisch des Bro­tes legen dürf­ten. Die Kir­che ver­wehrt es uns.
Wenn wir den frü­hen histo­ri­schen Quel­len ver­trau­en, dann war Domi­ni­kus den Frau­en im Orden tief ver­bun­den. Aber ihre Aus­sendung zur Pre­digt unter die Men­schen ihrer Zeit war für ihn wohl kaum denk­bar.
Domi­ni­kus, was wür­dest du dei­nen Pre­di­ger­schwe­stern heu­te sagen? Wozu sie ermu­ti­gen? Wohin wür­dest du die Theo­lo­gin­nen und Seel­sor­ge­rin­nen unter uns
aussenden?

Ich mei­ner­seits möch­te jede Schwe­ster des Pre­di­ger­or­dens ermu­ti­gen, sich die­sen Fra­gen ernst­haft zu stel­len, um für sich selbst im Gebet und im schwe­ster­li­chen Aus­tausch dar­auf eine Ant­wort zu fin­den.
Der Mas­ca­rel­la-Tisch for­dert uns her­aus!
Sr. Ingrid Grave