Adresse

Klosterweg 16, 7130 Ilanz
T +41 (0)81 926 95 00
info@klosterilanz.ch
www.klosterilanz.ch
Seite wählen

Sr. Johanna Lin Yüa Yin

Sr. Johan­na Lin Yüa Yin
11.04.1940

Mein Name ist Lin Yüa Yin. Es ist ein von jeher oft gebrauch­ter Name. Mir gefällt er, weil er leicht aus­zu­spre­chen ist. In mei­ner Fami­lie bin ich das drit­te Kind. Vor mir sind eine Schwe­ster und ein Bru­der. Als ich klein war, muss­te mein Vater auf die Insel Hainan in Süd­chi­na zum Mili­tär, von wo er nicht zurück­kehr­te. Kaum war ich zwölf Jah­re alt, da starb mei­ne Mut­ter. Wir waren Wai­sen. Mei­ne Schwe­ster sorg­te für mich, doch für die Höhe­re Schu­le reich­te das Ein­kom­men nicht.
1954 kamen Mis­sio­na­re und Mis­sio­na­rin­nen in die Hei­mat­stadt. Schnell hat­te ich Ver­bin­dung mit ihnen. Ich bewun­der­te ihren Eifer. Mit Fleiss lern­te ich die­se Reli­gi­on ken­nen und wur­de getauft. Ein Kate­chist stell­te mich den Schwe­stern vor. Dar­auf­hin arbei­te­te ich drei Jah­re mit den Schwe­stern zusam­men. Dass die Aus­län­der (Schwei­zer, Deut­sche) sich so hin­ge­bend mei­ner Lands­leu­te annah­men, beein­druck­te mich sehr.
Damals gab es in Tai­wan vie­le Bett­ler; nicht weni­ge wur­den Chri­sten. Wenn sie star­ben, waren kei­ne Ange­hö­ri­gen da, die sie zum Begräb­nis her­rich­te­ten. Die­se Schwe­stern mach­ten alles in Ord­nung. Anfangs konn­te ich nicht begrei­fen, dass man die eige­ne, schö­ne Hei­mat ver­las­sen kann, um in einem zurück­ge­blie­be­nen Land, wie es damals Tai­wan war, so nied­ri­ge Arbeit zu ver­rich­ten. Spä­ter ging es mir dann auf. Die­se Leu­te gaben Ant­wort auf den Ruf Jesu und lern­ten von ihm, wie er, sich den Men­schen anzu­neh­men. Durch ihr Bei­spiel, lern­te auch ich auf Got­tes Ruf zu hören. Als ich 20 Jah­re alt war, ent­schloss ich mich, allen Schwie­rig­kei­ten zum Trotz,  mich die­sen Schwe­stern anzu­schlies­sen, um für immer mei­nen Lands­leu­ten zu dienen. 

Alle mei­ne Ver­wand­ten waren dage­gen. Mein Bru­der wehr­te sich hef­tig, dass er sogar sag­te: „Wenn Du das machst, dann will ich nicht mehr leben“. Die Tan­te, Schwe­ster mei­ner Mut­ter sah, dass mein Ent­schluss fest war. Sie sag­te zu mir: „Ver­su­che Dei­nen Bru­der zu bere­den, dann kann Dein Wunsch erfüllt wer­den“. Ich bat eine mei­ner Tan­ten mei­nem Bru­der zu sagen, ich hät­te wenig Gele­gen­heit zum Stu­die­ren gehabt, jetzt bräuch­te ich noch 4 bis 5 Jah­re Schu­le, um dann mit den Schwe­stern zu arbei­ten; Letz­te­res sei dann noch nicht sicher. Mein Bru­der stimm­te zu, und ich durf­te vor­wärts schau­en.
Nach mei­nem zwei­jäh­ri­gen Novi­zi­at, schick­ten mich mei­ne Vor­ge­setz­ten zum Wei­ter­stu­di­um. Nach Abschluss der Ober­schu­le, kam ich zum Theo­lo­gie­stu­di­um, an die Fu Jen Uni­ver­si­tät. Wahr­schein­lich, hat man ent­deckt, dass ich leicht lern­te. Nach drei Jah­ren Fu Jen arbei­te­te ich in der Kate­che­se und auch im Kin­der­gar­ten. Bald schon ver­lang­ten die Behör­den von den Kin­der­gärt­ne­rin­nen ein Diplom. So schick­ten mich mei­ne Vor­ge­setz­ten noch­mals in die Schu­le. Nach dem ich das Diplom hat­te, folg­ten wie­der zwei Jah­re Schul­be­such, um die nöti­gen Aus­weis­pa­pie­re als Kin­der­gar­ten-Lei­te­rin zu erwer­ben.
Die­ser lan­ge Aus­bil­dungs­weg for­der­te viel Anstren­gung. Wenn ich dann mit den Kin­dern zusam­men war, ihre strah­len­den Augen sah, ver­gass ich alle Mühe. Die hl. Fami­lie und die Hei­li­gen waren mei­ne Vor­bil­der und mei­ne Hel­fer.
Heu­te dan­ke ich Gott für sei­nen Ruf und sei­ne Füh­rung. Was mei­nen Bru­der und mei­ne Schwe­ster betrifft: sie haben durch mein Leben erfah­ren, dass es den wah­ren Gott gibt. Obwohl sie noch nicht getauft sind, glau­ben sie an Gott. Sie beten zu ihm und ver­trau­en ihm. Oft sagen sie zu mir: “Gott hilft uns!“

Sr. Johan­na Lin Yüa Yin

Tai­wan, im Jahr der Beru­fung, 2016